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Konstanz, Rosgartenstraße 32
bis 1908: Rosgartenstraße 32, Neugasse 2 (das Eckhaus), Neugasse 4
Imposantes Geschäftshaus des frühen 20. Jahrhunderts mit reich gestalteter Natursteinfassade. Vier Geschosse, ausgebautes Dach, zur Rosgartenstraße ein großer Zwerchgiebel. Zwei große Fensterachsen zur Rosgartenstraße, eine schmalere an der Ecke, vier weitere große Achsen und eine kleine zur Neugasse. Schaufenster auch im 1.OG, ein Balkon im 3.OG unter dem Zwerchgiebel, ein kleinerer im 2.OG an der Ecke.
Architekten: Ganter & Picard.
Der Plan zeigt die Ansicht eines normalen Wohnhauses, ohne dass ein Laden erkennbar ist. |
Die Konstanzer Zeitung schreibt am nächsten Tag:
Die nebenan wohnende Frau Gasthofbesitzer Hagge bemerkte das Feuer als Erste und benachrichtigte zuerst ihren Mann, der sich mit einigen zufällig des Weges kommenden Passanten, worunter mehrere Soldaten, unverzüglich ans Rettungswerk machten. Es galt zunächst, die 74jährige Frau Rößler aus dem dritten Stock zu retten. Da die Treppe nicht mehr zugänglich war, stiegen Herr Hagge und ein Soldat [...] auf einer [...] Leiter unter eigener Lebensgefahr an der Außenseite empor. Da die Leiter sich als zu kurz erwies, boten sich unendliche Schwierigkeiten, bis die vor Schreck und Qualm halb ohnmächtige Frau in Sicherheit gebracht werden konnte.
[...] |
Foto: Fr. Huber, Konstanz-Aarau |
Hier zwei Fotos, die mir freundlicherweise Herr Hans Holzherr zur Verfügung stellte. Man erkennt, dass es sich um mehrere relativ bescheidene Gebäude handelt. Die Fassaden hängen voller Eiszapfen - es war sehr kalt.Rechts am Bildrand das angrenzende Hotel "Bayerischer Hof". |
Noch ein Bild dieses Brandes. Interessant auch die vor den Schaufenstern aufgehängten Gaslaternen - nach meiner Information wurde das E-Werk erst ein Jahr später gebaut. |
Foto: Fr. Huber, Konstanz-Aarau |
Der unerschrockene Soldat, der bei dem Großfeuer am Sonntag unter eigener Lebensgefahr im Verein mit Herrn Hotelier Hagge Frau Rößler aus dem brennenden 3. Stockwerk rettete und durch seine geschickten und energischen Maßnahmen auch die Personen vom Dach des brennenden Hauses in Sicherheit brachte, ist [...] der Musketier Huber von der 1. Kompagnie des hiesigen Regiments... |
Das Großfeuer in der Rosgartenstraße hätte gestern abend beinahe noch ein böses Nachspiel erlebt. Um 9 3/4 Uhr bemerkte Herr Gastwirt Hagge, daß das Feuer im Dachgesims des Hauses Neugasse 4 von neuem auszukommen drohte, obwohl eine mehrere cm dicke Eisschicht auf dem Dache lag. Er benachrichtigte sofort Herrn Wachter, worauf beide Herren im Verein mit einigen weiteren hilfsbereiten Kräften unter Zuhilfenahme einiger Leitern das Feuer in fast zweistündiger Arbeit bewältigten. |
Dieser Plan bezieht noch nicht die benachbarten, ebenfalls abgebrannten Gebäude ein. Man sieht, dass das recht wenig Platz für den Neubau zur Verfügung steht - das gesamte Grundstück sollte überbaut werden. Das war auch damals nicht zulässig, u.a. weil die Abort-Grube zwingend im Freien liegen musste. Schade, dass sich keine Zeichnung der Fassade dieses Entwurfs erhalten hat! |
Praktisch ist ein Hof bei diesem Bauvorhaben vollkommen überflüssig und vom städtischen Standpunkt aus keineswegs wünschenswert. Ein solcher würde, weil nach der Straße zu offen, eine störende Lücke in der geschlossenen Straßenfront und einen häßlichen Einblick in hintere Höfe zur Folge haben.
Sauter hat wesentlich mehr Platz - ihm gehört das gesamte Grundstück hinter den ersten Häusern der Neugasse. Wie man an der Zeichnung der Fassade sieht, will er seine Chance nutzen und ein Geschoss höher bauen als das Hotel "Bayerischer Hof" nebenan. Die skizzierte Ergänzung dieser Fassade stammt vermutlich von einem Beamten des Bauamts.
Liegenschaftsverkauf. Der Bauplatz des Herrn Friedrich Sauter, Rosgartenstraße 32, ging durch Kauf in den Besitz des Herrn Samuel Schatz jun. um den Preis von 82 000 Mark über.
Was es damit auf sich hat, ist fraglich. Schatz war Eigentümer des heute noch als "Schuh-König" bekannten Hauses Rosgartenstraße 36. Evtl. hat er das Grundstück sofort an Oskar Wachter weiterverkauft, denn danach tritt dieser als Eigentümer der beiden vom Brand betroffenen Grundstücke auf.Ihr Grundstück hat eine Straßenfront von lediglich 5,85 m und ist auch nur ca. 5,50 m tief. |
Der Neubau soll auf einem Grundstück von nur beiläufig 33 qm Flächeninhalt errichtet werden; es haften dem Projekt in folge dieser überaus geringen Grundstücksgröße derartige Mängel an, dass ein Dispens von den angeführten Bestimmungen der Landesbauordnung nicht befürwortet werden kann. [...]
Ein Entgegenkommen [der Nachbarn] ist im vorliegenden Fall um so weniger geboten, als der Bauherrin von Seiten ihres Nachbarn Wachter das Anerbieten gemacht wurde, für 13000 Mark das Anwesen käuflich zu erwerben, ein Preisgebot, das nach Ansicht des Stadtrats als reichlich hoch bemessen anzusehen ist...
Fassade aus dem Architektenentwurf. Quelle: Stadtarchiv Konstanz, wie auch bei den anderen Planzeichnungen hier.
Links: Architekturzeichnung von Ganter & Picard, 1908.
Rechts: Foto von German Wolf, 1909. Beide Bilder im Besitz von Herrn Hans Holzherr.
Quellen:
Stadtarchiv Konstanz, Akten S XX - Fasc.2787, 7IIb - Fasc.1165, 7IIb - Fasc.294;
Archiv des Südkurier, Konstanz;
div. Adressbücher der Stadt Konstanz;
private Unterlagen und Bilder von Herrn Hans Holzherr, dem ich herzlich für die Überlassung des Materials und die bereitwilligen Auskünfte danke!
Ein anderes markantes Gebäude der selben Architekten Ganter & Picard ist das Geschäftshaus Marktstätte 17, 19 und 21 (Ecke Rosgartenstraße / Marktstätte), das vermutlich 1913 fertiggestellt wurde und ebenfalls bis heute nur wenig verändert wurde.
Luftbild aus einem Zeppelin, vermutlich 1908 entstanden. Links der Bodanplatz, etwa in Bildmitte quer verläuft die Rosgartenstraße. Man erkennt eine Baulücke an Stelle des hier besprochenen Gebäudes. Dieses Bild brachte mich dazu, mit Herrn Holzherr Kontakt aufzunehmen und die Geschichte dieses Hauses zu erforschen. |
Ein Ausschnitt aus diesem Luftbild zeigt, dass am Keller schon gebaut wird. Man beachte die Menschen auf dem Dach des Hauses links. Diese interessieren sich mit Sicherheit weniger für die Baustelle, als mehr für den Zeppelin, der über ihnen schwebt. Es dürfte sich über einen der ersten Überflüge eines Zeppelins über der Stadt handeln. |
Letzte inhaltliche Überarbeitung dieser Seite: 9/2014.
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